Sicherheitsdatenblatt: Vergiftung und Umgang mit giftigen Pflanzen

Allgemeiner Warnhinweis

Einige Pflanzen oder Pflanzenteile sowie auch verschiedene Samen sind hochgiftig. Sie sollten daher nicht in den Mund genommen, gegessen, getrunken oder zu anderen Zwecken benutzt und außerhalb der Reichweite von Kinderhänden aufbewahrt werden.

Wenn Sie mit giftigen Pflanzen arbeiten, sollten Sie immer Handschuhe und langärmelige Kleidung verwenden. Je nach Pflanze sind weitere Sicherheitsmaßnahmen erforderlich wie z.B. Atemschutz, Gasmaske, Schutzbrille, Ganzkörperschutz sein.

Umgang mit giftigen Pflanzen

Wenn Sie mit giftigen Pflanzen arbeiten, setzen, schneiden oder pflegen, sollten Sie immer Handschuhe und langärmelige Kleidung. Dies ist wichtig, damit Sie eine Vergiftung über den Hautkontakt mit einem Kontaktgift vermeiden.

Kinder und Tiere sollten Sie besonders vor giftigen Pflanzen schützen. Klären Sie Ihre Kinder gut darüber auf. Besonders Früchte, die Gift enthalten, sind für Kinder und Tiere gefährlich.

Am besten wäre es, wenn Sie diese Pflanzen entfernen.

Verbrennen Sie niemals giftige Pflanzen. Der Rauch könnte ebenfalls giftig sein.

Welche Gifte/Substanzen wirken

Pflanzen können komplett giftig sein oder nur verschiedene giftige Teile haben: Wurzeln, Früchte, Blätter, Stängel, Blüten, Pflanzensaft

Die wichtigsten Stoffgruppen, die zu Symptomen führen:

Ätherische Öle

Ätherische Öle bewirken in der Regel erst mit Aufnahme größerer Mengen in Abhängigkeit der qualitativen Zusammensetzung Krankheitserscheinungen. Normalerweise sind ätherische Öle in der üblichen Verwendung „ungefährlich“ z.B. bei Gewürzpflanzen oder Heilpflanzen.

Alkaloide

Alkaloide sind komplexe und chemisch höchst komplizierte Substanzen mit Stickstoff. Sie bekanntesten Alkaloide sind Koffein im Kaffee und Nikotin im Tabak. Alkaloide wirken höchst unterschiedlich. Sehr gefährliche Alkaloide sind z.B. Atropin in der Tollkirsche oder Steroidalkaloide im bittersüßen Nachtschatten.

Anthracenabkömmlinge

Anthracenabkömmlinge sind sehr vereinfacht gesagt, mit dem bekannten Benzol verwand. Sie dienen u.a. als Farbstoff, Schädlingsbekämpfungsmittel, Gerbstoff und als Medikament. Sie kommen z.B. im Faulbaum vor.

Bitterstoffe

Bitterstoffe sind bitterschmeckende Substanzen. Die chemisch sehr unterschiedlich aufgebaut sind. Denatoniumbenzoat ist die bitterste bis jetzt bekannte Substanz. Bitterstoffe kommen in vielen Pflanzen vor.

Blausäurehaltige Verbindungen

Verbindungen mit Blausäure bzw. auf Basis von Blausäure kommen häufig in der Natur vor. Beispielsweise im Kirschlorbeer. Blausäure liegt meistens Zucker gebunden vor (Glykosid). Der Geruch von Blausäure erinnert an Mandelaroma. Erst beim Zerkauen und schicken vieler Samen der schwarzen Steinfrüchte (Früchte des Ligusters, Faulbaum, Kornelkirsche, Traubenkirsche) bzw. essen vieler Blätter besteht die Gefahr einer Blausäurevergiftung. Wird diese Menge an Blausäure freigesetzt, muss sofort ein Arzt gerufen werden.

Cicutoxin

Die ist ein hochgiftiges Polyin (Polyacetylenverbindung aus Wasserstoff und Kohlenstoff). Besonders bei Korbblütler und Doldenblütler zu finden.

Furanocumarine

Sehr gefährliche Substanz, die Hautschäden bei Kontakt verursacht. Furanocumarine können photosensibilisierende/phototoxisch sein oder krebserregend sein. Besonderes gefährlich ist das Herkuleskraut.

Herzwirksame Verbindungen

Herzwirksame Verbindungen sind Stoffe, die auf das Herz wirken. Es handelt sich chemisch um Verbindungen aus Zucker und einem nicht zuckerhaltigen Bestandteil (Aglykon). Es findet sich z.B. im Fingerhut. Beim Glykosid des Fingerhut (=Digitoxin) ist das Aglykon ein Steroid.

Protoanemonin

Protoanemonin besteht z.B. aus dem Glykosid Ranunculin des Gifthahnenfußes (in allen Teilen sehr giftig).

Saponine

Saponine sind in wässriger Lösung stark schäumende Substanzen, die nach Aufnahme im menschlichen Organismus vorwiegend Reizungen der Schleimhäute in Mund und Magen führen können. Saponine selbst können wiederum andere Stoffe wie Steroide und Triterpene enthalten.

Terpene

Terpene sind komplizierte Verbindungen aus Wasserstoff und Kohlenstoff. Beispielsweise findet sich Phorbolester im Weihnachtsstern.

Scharfstoffe

Oxalsäure

Oxalatkristalle

Eiweisverbindungen

Symptome

Bei der oralen Aufnahme von giftigen Pflanzen oder Pflanzenteilen schmecken diese vorwiegend bitter oder und es entsteht das Verlangen diese auszuspucken. Gelingt dies nicht, sind häufige Symptome:

  • Symptome des Magen-Darm-Traktes: Übelkeit, Erbrechen, Durchfall
  • Lokal begrenzten Symptomen, wie Schmerzen
  • Atropin- bzw. atropinähnliche Symtome: trockene Mundschleimhaut, Pupillenerweiterung u.a.
  • Herzaktive oder nikotinähnliche Symtome: Unruhe, Kaltschweißigkeit, Lähmung
  • Bei einem Kontaktgift, dass über die Haut aufgenommen wird werden häufig Rötungen auftreten, aber auch Jucken, Brennen oder es bilden sich Blasen.
  • Haut-/Schleimhaut-Symptome
  • Einige Pflanzen beinhalten psychoaktive Gifte, die zu Halluzinationen o.ä. führen können.

Was tun, wenn Pflanzen oder Pflanzenteile versehentlich verzehrt wurden?

Ruhe bewahren. Vermeiden Sie „Spontanentscheidungen“. Rufen Sie unverzüglich einen Arzt bzw. Notruf.

Sollten giftige Pflanzenteile, Früchte etc gegessen worden sein, rufen Sie so schnell wie möglich den Giftnotruf oder wenden Sie sich an einen Arzt, um das weitere Vorgehen abzustimmen.

Erste Hilfe

Bei Verzehr:

Entfernen Sie alle Pflanzenteile, Früchte, Beeren aus dem Mund. Entweder durch heraus sammeln, Ausspucken oder Ausspülen mit Flüssigkeit. Wasser, Tee, Limonade etc. sind geeignet. Auch kann anschließen Flüssigkeit dem Vergiftetet gegeben werden.

WICHTIG: KEINE MILCH. MILCH KANN DIE GIFTAUFNAHME FÖRDERN

Bei Einatmung:

Sorgen Sie für frische Luft.

Bei Augenkontakt:

Sie müssen die Augen für mindesten zehn Minuten unter fließendes Wasser halten. Die Augen müssen auf sein, das fließende Wasser muss das Auge und das Gift erreichen, um es zu verdünnen oder auszuspülen.

Bei Hautkontakt:

Sollte Kleidung kontaminiert sein, muss diese sofort ausgezogen werden. Betroffene Hautpartien unverzüglich mit fließenden Wasser reinigen.

Bei Bewusstlosigkeit:

Bewusstlosen in stabile Seitenlage bringen, Kopf nach unten gewendet. Keine Flüssigkeiten einflößen, keinen Brechversuch unternehmen

WICHTIG

Laien sind in der Regel nicht ausreichend fachlich versiert, um Pflanzen entsprechend bestimmen zu können. Wichtig ist, dass die Pflanze richtig bestimmt werden kann. Zeigen Sie dem behandelnden Arzt unbedingt die Pflanze bzw. die Pflanzenteile, die aufgenommen worden sind.

Keine voreiligen Therapien, keine Behandlung durch Laien oder mit Hausmitteln!

Häufig werden aufgenommene Mengen unterschätzt oder überschätzt, sodass durch eine falsche Therapie unnötige Gefährdungen der Gesundheit zusätzlich provoziert werden und zu Folgeschäden führen können.

So kann eine „Vergiftung“ leichter zu behandeln sein (ggf. durch einfaches Aussitzen bei einer leichten Vergiftung) als Erbrochenes, dass durch erzwungenes Erbrechen in die Lunge gekommen ist.

Eigenschutz

Vergessen Sie bei der Hilfe nicht den Schutz Ihres eigenen Lebens. Verwenden Sie Handschuhe, Mundschutz etc., wenn Sie Hilfe leisten, damit Sie nicht selbst vergiftet werden.

Was tut der Arzt?

Der Arzt wird häufig zur Verringerung der Giftaufnahme medizinische Kohle geben. Nur in seltenen Fällen wird das Erbrechen ausgelöst. Dazu wird ein spezieller Brechsirup, nach reichlicher Flüssigkeitszufuhr, verabreicht. Führen Sie auf keinen Fall selbst das Erbrechen durch!

Besonders gefährlich ist das Erbrechen mittels Salzwasser! Bei Kindern ist es bei dieser Methode schon zu Todesfällen gekommen.

Nach der Vergiftung und der „Heilung“ ist eine Folgebehandlung beim Arzt auf jeden Fall anzuraten, insbesondere wenn Folgeerkrankungen auftreten.

Was will der Notruf / Arzt / Giftnotruf bei einem Anruf wissen?

  • Wer ist betroffen (Kind, Erwachsener)?
  • Wie alt ist der Betroffene?
  • Wie viel wiegt er ungefähr?
  • Wann wurde das Gift vermutlich eingenommen?
  • Was wurde eingenommen? Bezeichnung des Gifts / Name der Pflanze?
  • Wie viel wurde eingenommen?
  • Wie geht es dem Betroffenen (ALLE Symptome sind wichtig)?

Wenn Sie aufgefordert werden, in ein Krankenhaus oder zu einem Arzt zu fahren, nehmen Sie Pflanzenteile mit! Ansonsten verwahren Sie die Pflanzenteile und übergeben diese dem Arzt/Sanitätern!

Verzeichnis der deutschen Giftinformationszentren

Berlin:

 

Universitätsklinikum Charité

Giftnotruf

CBF, Haus VIII

(Wirtschaftsgebäude), UG

Hindenburgdamm 30

12203 Berlin

Notruf: +49 30 19240

Fax: +49 30 450569-901

mail@giftnotruf.de

giftnotruf.charite.de

Bonn:

 

Informationszentrale gegen

Vergiftungen

Zentrum für Kinderheilkunde

Universitätsklinikum Bonn

Adenauerallee 119

53113 Bonn

Notruf: +49 228 19240

Fax: +49 228 28733-278

oder +49 228 28733-314

gizbn@ukb.uni-bonn.de

www.gizbonn.de

Erfurt:

 

Giftnotruf Erfurt

Gemeinsames Giftinformationszentrum

der Länder

Mecklenburg-Vorpommern,

Sachsen, Sachsen-Anhalt

und Thüringen (GGIZ)

c/o HELIOS Klinikum Erfurt

Nordhäuser Straße 74

99089 Erfurt

Tel.: +49 361 7307-30

Fax: +49 361 7307-317

ggiz@ggiz-erfurt.de

www.ggiz-erfurt.de

Freiburg

 

Vergiftungs-Informations-Zentrale

Zentrum für Kinder- und

Jugendmedizin

Universitätsklinikum Freiburg

Mathildenstraße 1

79106 Freiburg

Notruf: +49 761 19240

Fax: +49 761 270-44570

giftinfo@uniklinik-freiburg.de

www.giftberatung.de

Göttingen

 

Giftinformationszentrum-Nord

der Länder Bremen,

Hamburg, Niedersachsen und

Schleswig-Holstein

(GIZ-Nord)

Universitätsmedizin Göttingen

Georg-August-Universität

Robert-Koch-Straße 40

37075 Göttingen

Notruf: +49 551 19240

Fax: +49 551 38318-81

giznord@giz-nord.de

www.Giz-Nord.de

Homburg

 

Informations- und Beratungszentrum für Vergiftungsfälle

Klinik für Kinder- und Jugendmedizin

Universitätsklinikum

des Saarlandes, Gebäude 9

Kirrberger Straße 100

66421 Homburg/Saar

Notruf: +49 6841 19240

Sekretariat:

+49 6841 16-28436

Fax: +49 6841 16-21109

giftberatung@uniklinikumsaarland.

de

www.uniklinikum-saarland.de/

giftzentrale

Mainz

 

Giftinformationszentrum der

Länder Rheinland-Pfalz und

Hessen

Klinische Toxikologie

Universitätsmedizin

der

Johannes Gutenberg-Universität

Mainz, Gebäude 601

Langenbeckstraße 1

55131 Mainz

Notruf: +49 6131 19240

Infoline: +49 6131 2324-66

Fax: +49 6131 2324-68

mail@giftinfo.uni-mainz.de

www.giftinfo.uni-mainz.de

München

 

Giftnotruf München

Toxikologische Abteilung der

II. Medizinischen Klinik und

Poliklinik des Klinikums rechts

der Isar der Technischen

Universität München

Ismaninger Straße 22

81675 München

Notruf: +49 89 19240

Fax: +49 89 4140-2467

tox@mri.tum.de

www.toxinfo.med.tum.de

Stand: 2019

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Tina

    Gutes Ratgeberblatt. Sehr zu empfehlen. Besonders wenn man Kinder hat sollte man alle giftigen Pflanzen entfernen und die Kinder frühzeitig lehren keine Pflanzenteile in den Mund zu nehmen und sich immer die Hände zu waschen!

  2. Paul Schwarz

    Hallo und Danke für den hilfreichen Artikel! Sehr schön Tipp.

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