Ratgeber-Serie: Photovoltaik-Anlage – Teil 4: Dimensionierung Ihrer Photovoltaik-Anlage

Im vierten Teil unserer Ratgeberserie beschäftigen wir uns mit dem Thema „Wie große sollte Ihre Photovoltaik-Anlage sein?“.

Die Frage klingt erst mal trivial. Eine oft gehörte Antwort lautet „Ich verbrauche 4000 Kilowattstunden, also braucht die Anlage 4000 Kilowattpeak“. So einfach ist es leider nicht.

Um den optimalen Eigennutzen zu erreichen, muss die Photovoltaikanlage so dimensioniert sein, dass sie den jährlichen Strombedarf deckt, dies ist insoweit richtig. Andererseits sollte man bedenken, dass man für das Einspeisen auch Geld erhält. Es ist also wichtig, dass man die Größe der Anlage auch wirtschaftlich ausrichtet. Dazu sollte man auch Schwankungen einkalkulieren sowie ein zukünftiger erhöhter Stromverbrauch.

Man rechnet im Allgemeinen immer mit einem Verbrauchswachstum an Strom von mindestens (!) 30 % Prozent, die man im Jahr mehr erzeugen sollte als man benötigt.

Ein weiterer Punkt ist der „persönliche“ Energieertrag, dieser ist abhängig von verschiedenen Faktoren, auf die wir im nächsten Abschnitt eingehen.

Die Mindestgröße Ihrer Photovoltaik-Anlage berechnen Sie somit wie folgt:

Mindestgröße = Stromverbrauch pro Jahr [kWh / a] * 130 % / persönlichen Energieertrag [kWh / (kWp * a)]

Es empfiehlt sich im Zweifel auch den Wert von 130 % zu erhöhen, wenn Sie absehen können, dass Sie in Zukunft mehr Strom verbrauchen oder Sie erhöhen direkt den Faktor „Stromverbrauch“.

Aus eigener Erfahrung können wir allerdings raten, mit 40 % oder mehr zu kalkulieren und den Stromverbrauch immer etwas höher, als in Teil 3 dieser Reihe bestimmt, anzugeben.

Bestimmung des persönlichen Energieertrags

Der persönliche Energieertrag gibt an, wie viel Strom Sie tatsächlich mit Ihrer Photovoltaik-Anlage produzieren können. Das hängt im Wesentlichen von drei grundlegenden Faktoren ab, die man nur begrenzt beeinflussen kann.

1. Die regionale Lage Ihres Objektes, auf das Sie eine Photovoltaik-Anlage anbringen möchten

2. Die Ausrichtung der Module.

3. Die Verschattung oder sonstigen Einschränkungen der Module.

Auf die drei Punkte gehen wir nun im Einzelnen ein.

Regionale Lage

Die regionale Lage ist ein entscheidender Faktor für den persönlichen Energieertrag, den Ihre Photovoltaikanlage erzeugen kann. Je nach Region gibt es Abweichungen in der Globalstrahlung der Sonne. Die Sonne liefert jährlich etwa 1.000 Kilowattstunden pro Quadratmeter. Die Abweichung von diesen 1.000 Kilowattstunden bildet den regionalen Energieertrag Ihrer Photovoltaikanlage. Der regionale Energieertrag wird in Kilowattstunden pro Kilowattpeak mal Jahr gemessen.

Für die Bundesländer in Deutschland gelten folgende Werte:

Baden-Württemberg 990 kWh / (kWp * a)

Bayern 950 kWh / (kWp * a)

Berlin 910 kWh / (kWp * a)

Brandenburg 910 kWh / (kWp * a)

Bremen 900 kWh / (kWp * a)

Hamburg 900 kWh / (kWp * a)

Hessen 940 kWh / (kWp * a)

Mecklenburg-Vorpommern 920 kWh / (kWp * a)

Niedersachsen 900 kWh / (kWp * a)

Nordrhein-Westfalen 900 kWh / (kWp * a)

Rheinland-Pfalz 950 kWh / (kWp * a)

Saarland 970 kWh / (kWp * a)

Sachsen-Anhalt 950 kWh / (kWp * a)

Schleswig-Holstein 900 kWh / (kWp * a)

Thüringen 930 kWh / (kWp * a)

Ihre Region selbst kann einen davon abweichenden regionalen Energieertrag haben. Informationen dazu finden Sie zum Beispiel in kommunalen Solarkatastern oder direkt von Ihrer Stadtverwaltung.

Dach und Ausrichtung

Nachdem Sie Ihren regionalen Energieertrag ermittelt haben, kommt nun die Ausrichtung Ihres Daches als auch die Neigung Ihres Daches ins Spiel. Die Ausrichtung können Sie schwerlich beeinflussen, allerdings können Sie die Neigung mit einem Gestell begrenzt optimieren.

Geeignete Flächen für eine Photovoltaik-Anlage sind Satteldächer, Flachdächer, Garagendächer, Terrassendächer, Fassaden und Carports.

Haben Sie geeignete Flächen, dann ist deren Ausrichtung in Himmelsrichtung entscheidend. In der Vergangenheit hat man oft damit gerechnet, dass nur südlich ausgerichtete Module mit einer Neigung von 30 Grad wirtschaftlich sinnvolle Erträge liefern. Teilweise ist diese Meinung auch heute noch vertreten. Durch neue Technologien und durch praktische Erfahrungen zeigt sich, dass auch Ostseiten und Westseiten gute Erträge liefern. Sogar flache Norddächer können einen hohen Ertrag liefern.

Was einige unseriösere Photovoltaik-Anbieter zu verkaufen versuchen ist eine Aufständerung von Modulen auf einem Ostdach oder Westdach in Richtung Süden. Das kann man machen, ist aber teuer, umständlich und bringt nicht wirklich einen wirtschaftlichen Mehrwert.

Aus der folgenden Tabelle können Sie den Effizienzwert Ihres Daches ablesen.


Modulausrichtung
Modulneigung
Süd


Süd-Ost / Süd-West


Ost/West

Nord-Ost / Nord-West

Nord

± 10°± 20°± 30°± 40°± 50°± 60°± 70°± 80°± 90°± 100°± 110°± 120°± 130°± 140°± 150°± 160°± 170°± 180°
90 %90 %90 %90 %90 %90 %90 %90 %90 %90 %90 %90 %90 %90 %90 %90 %90 %90 %90 %
10°95 %95 %95 %95 %95 %95 %95 %93 %90 %90 %90 %90 %88 %85 %85 %83 %83 %80 %80 %
20°100 %100 %100 %98 %95 %95 %95 %93 %90 %90 %88 %85 %83 %83 %80 %78 %75 %73 %70 %
30°100 %100 %100 %100 %98 %95 %95 %92 %90 %85 %85 %80 %75 %70 %68 %65 %65 %63 %60 %
40°100 %100 %100 %100 %95 %95 %93 %90 %85 %80 %75 %70 %65 %60 %58 %55 %55 %53 %50 %
50°100 %100 %100 %95 %95 %93 %90 %90 %85 %80 %70 %60 %55 %50 %48 %48 %48 %45 %45 %
60°95 %95 %95 %95 %90 %90 %85 %80 %80 %70 %60 %50 %48 %48 %45 %43 %43 %40 %40 %
70°90 %90 %90 %90 %90 %80 %80 %80 %70 %70 %60 %50 %48 %45 %45 %43 %43 %40 %40 %
80°80 %80 %80 %80 %80 %80 %70 %70 %65 %60 %53 %48 %45 %43 %43 %40 %38 %35 %35 %
90°70 %70 %70 %70 %70 %70 %65 %60 %60 %55 %48 %43 %40 %38 %38 %35 %33 %30 %30 %

Pauschal kann man sagen: Je weiter ein Modul vom Süden entfernt ist, desto flacher sollte es montiert werden, um einen möglichst hohen Ertrag zu ermöglichen.

Berechnung des persönlichen Energieertrags

Sie haben nun den regionalen Energieertrag und Ihren Energieeffizient. Den persönlichen Energiebetrag berechnen Sie nun wie folgt:

Persönlicher Energieertrag [kWh / (kWp * a)] = prozentualer Effizienzwert [%] * regionaler Energieertrag [kWh / (kWp * a)]

Beispiel:

Sie wohnen in Mecklenburg-Vorpommern und haben somit einen regionalen Energieertrag von 920 kWh / (kWp * a). Ihr Dach hat eine Ausrichtung von +70 Grad und Ihre Module haben eine Neigung von 40 Grad . Die Kombination Ausrichtung und Neigung ergibt einen Effizienzwert von 90 Prozent.

Ihr persönlicher Energieertrag berechnet sich somit wie folgt:

90% * 900 kWh / (kWp * a) = kWh / (kWp * a) = 810 kWh / (kWp * a)

Verschattung

Bei der Planung Ihrer Photovoltaik-Anlage ist darauf zu achten, dass Sie die Verschattung Ihrer Photovoltaik-Module so weit wie möglich minimieren. Je mehr Module Sie unverschattet installieren können, desto besser. Häufige Ursachen für Schatten sind angrenzende Bäume und Gebäude. Auch Installationen auf Ihrem Dach wie Antennen, Kamine, Gauben und Co können einzelne Module nachteilig beschatten. Eine Verschattung wirkt auf alle Module, die sich an einem String (Leitungsstrang) befinden, nachteilig und senkt Ihre Leistung.

Der elektrotechnische Hintergrund liegt in der Reihenschaltung der Module. Dabei bestimmt das Photovoltaik-Modul mit der geringsten Leistung die Gesamtleistung des kompletten Strings. Ein übliches Einfamilienhaus wird meist mit mindestens zwei bis drei Strings geplant.

Sie sollten also Ihre Photovoltaikanlage so gestalten lassen, dass diese mehrere Strings hat. verschattungskritische Bereiche sollten in eigene Strings ausgelagert werden oder ausgelassen werden. Eine Alternative ist der Einsatz von Leistungsoptimierern. Leistungsoptimierer sind entweder Teil des Moduls oder Teil des Wechselrichters und versuchen so den Nachteil durch die Verschattung wettzumachen.

Bei einer zeitweisen (tageszeitabhängigen oder jahreszeitabhängigen) Teilverschattung reduziert sich Ihr Jahresertrag minimal. Hier müssen Sie einen erfahrungsgemäßen Abschlag auf die Leistung Ihrer Photovoltaikanlage von einem bis fünf Prozent einkalkulieren. Beispielsweise eine Teilverschattung Ihres Daches aufgrund eines tiefen Sonnenstandes im Winter ist in der Jahresbetrachtung der Leistung Ihre Photovoltaikanlage in der Regel unerheblich und kann unberücksichtigt gelassen werden.

Jahresenergieverteilung

Ganz wichtig ist zu wissen, dass eine Photovoltaik-Anlage nicht das ganze Jahr über exakt oder gleich viel Strom erzeugt. Die Erzeugung ist von Monat zu Monat unterschiedlich.

Die Hauptzeit, in der Ihre Photovoltaik-Anlage Strom produziert, ist in der Regel zwischen März und Oktober. Die Wintermonate November bis Februar sind dagegen eher mau. In dieser Zeit sind die Anzahl der Sonnenstunden auch sehr gering. Deshalb fallen Teilverschattungen in diesem Zeitraum auch nur selten ins Gewicht.

Niedriger Sonnenstand, schlechtes Wetter, Schnee, geringe Sonnenstundenanzahl sorgen dafür, dass Ihre Photovoltaik-Module nur sehr wenig produzieren.

Die Produktionsmengen in Prozent pro Monat

Januar 3 %

Februar 5 %

März 9 %

April 10 %

Mai 12 %

Juni 12 %

Juli 13 %

August 12 %

September 10 %

Oktober 7 %

November 4 %

Dezember 3 %

Sie sehen, in den Wintermonaten November, Dezember, Januar, Februar erzeugt Ihre Anlage nur etwa 15 Prozent. In den restlichen Monaten (März, April, Mai, Juni, Juli, August, September, Oktober) 85 Prozent.

Beispiel zur Berechnung der Mindestgröße Ihrer Photovoltaik-Anlage

Wir haben nun folgende Parameter. Sie haben einen Stromverbrauch von 3.500 kWh pro Jahr. Ihre zukünftige Prognose geht mit einer Stromverbrauchssteigerung von 40% aus. Ihr persönlicher Energieertrag liegt bei 810 kWh / (kWp * a).

Die Mindestgröße berechnet sich nun wie folgt.

3.500 kWh / a * 140% / ( 810 kWh / (kWp * a)) = 6,1 kWp

Ihre Photovoltaik-Anlage sollte eine Mindestgröße von 6,1 kWp besitzen.

Fazit

Sie haben nun weitere wichtige Formel und Parameter kennengelernt, um Ihre Photovoltaik-Anlage zu dimensionieren. Sie kennen jetzt Ihren persönlichen Energieertrag und wissen, wie groß Sie Ihre Photovoltaik-Anlage mindestens dimensionieren müssen.

Weiterhin haben Sie die Ausrichtung und die Neigung Ihres Daches bestimmt sowie die Verschattungen ausgemacht, die den Betrieb Ihrer Photovoltaik-Anlage stören.

Im nächsten Teil dieser Reihe beschäftigen wir uns mit einer praktischen Überlegung. Wie viel Photovoltaik-Module passen eigentlich auf Ihr Dach. Denn nur, weil Sie eine Mindestgröße X benötigen, heißt es nicht, dass diese auch tatsächlich auf Ihr Dach passt.

Es ist wichtig, dass Sie Ihr Dach kennen und wissen, wie viele Photovoltaik-Module Sie auf Ihr Dach anbringen können. Erreicht Ihr Dach nicht die Mindestgröße ist das kein Beinbruch, Sie können prüfen, ob noch andere Flächen wie zum Beispiel ein Carport, eine Garage, ein Gartenhaus für weitere Module geeignet sind.

Falls auch das nicht möglich ist, gilt es abzuwägen, ob eine unterdimensionierte Photovoltaik-Anlage für Sie rentabel ist. Bei hohen Strompreisen ist die Wahrscheinlichkeit höher, bei niedrigen nicht so. Dazu kommt, dass kleiner dimensionierte Photovoltaik-Anlagen häufig teurer sind.

Hingegen ist eine Überdimensionierung einer Photovoltaik-Anlage seltener ein Problem. Sie erhalten für jede ungenutzte und eingespeiste Kilowattstunde eine Vergütung. Bei der Überdimensionierung müssen Sie prüfen, ob die Wirtschaftlichkeit zwischen der Einspeisung und dem Kaufpreis gegeben ist.

Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten kann eine unterdimensionierte oder überdimensionierte Photovoltaik-Anlage einen großen Nachteil darstellen und für Sie unter Umständen einen nicht unerheblichen Verlust mit sich bringen, da sich die Anlage nicht amortisiert.

Unter umweltschützerischen und klimaschützerischen Bedingungen ist jede Art von Photovoltaik-Anlage, ob unterdimensioniert oder überdimensioniert, ein Gewinn. Jede Kilowattstunde, die durch regenerative Energien und nicht durch konventionelle Verstromung von Kohle, Gas oder Öl entsteht, tut der Umwelt und der Natur gut.

In den nächsten Teilen unserer Reihe werden wir dazu noch auf die Punkte der baulichen Gegebenheiten, des Speichers sowie einiger wichtiger Grundlagen zum Anschluss ans Hausnetz und ans öffentliche Netz eingeben. Auf einige Fördermöglichkeiten für Ihre Photovoltaik-Anlagen möchten wir in einem anderen Teil eingehen. Auch Wirtschaftlichkeit, Wärmepumpe, eAuto und die Wahl der richtigen Komponenten für Ihre Photovoltaik-Anlage möchten wir in einem zukünftigen Beitrag näher beleuchten.

Freuen Sie sich auf die weiteren Teile.

Haben Sie selbst eine Photovoltaik-Anlage oder Ideen beziehungsweise Anregungen für weitere Punkte, die wir in dieser Ratgeberserie erörtern sollen? Dann schreiben Sie uns Ihre Erfahrungen und Wünsche gerne in die Kommentare.

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