Sie möchten sich eine Photovoltaik-Anlage anschaffen. Ihre Motivation kann Unabhängigkeit, Umwelt- und Klimaschutz oder Versorgungssicherheit sein. Was über jede Art von Motivation schwebt, ist meist die Wirtschaftlichkeit. Auf der einen Seite stellt sich die Frage „Kann ich mir eine Photovoltaik-Anlage überhaupt leisten“ und auf deren anderen Seite stellt sich die Frage „Lohnt sich eine Photovoltaik-Anlage für mich wirtschaftlich überhaupt?“
Ob Sie sich eine Photovoltaik-Anlage leisten können, können wir nicht beantworten, aber wir können Ihnen dabei helfen, wie Sie herausfinden, ob eine Photovoltaik-Anlage für Sie wirtschaftlich ist.
Die Wirtschaftlichkeit einer Photovoltaik-Anlage basiert auf den ersten Blick auf drei Kostenpunkten. Zum einen die anfängliche Investition und zum anderen die laufenden Kosten und die Ersparnis, die eine Photovoltaik-Anlage einbringen kann.
Der Punkt, mit dem wir uns in diesem Beitrag beschäftigen, sind die Stromkosten. Bei der Berechnung Ihrer Stromkosten sollten Sie nicht nur ihre aktuellen, sondern auch die künftige Preisentwicklung des Strommarktes berücksichtigen.
Es ist schwierig, zu sagen, wie sich der Strommarkt entwickeln wird. Viele Photovoltaik-Verkäufer rechnen damit, dass die Strompreise weiter ansteigen werden. Das muss aber nicht sein. Wenn der Ausbau der erneuerbaren Energien gelingt, kann der Strompreis auch sinken.
Historie des Strompreises
Betrachten wir mal die Strompreise der Vergangenheit. Laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. sind seit dem Jahr 2000 die Strompreise für jede Kilowattstunde um durchschnittlich 4,18 Prozent pro Jahr gestiegen.
Von 2021 bis 2022 soll der Preis für reguläre Haushaltskunden um 11 Prozent gestiegen sein. Von 2022 bis 2023 stiegt der Preis in einigen Regionen teilweise um mehr als 100 Prozent.
Anfang 2000 lag der Strompreis bei durchschnittlich etwa 13,94 € pro Kilowattstunde. 2010 lag der Preis pro Kilowattstunde bereits bei durchschnittlich 23,69 € und 2020 lag der Preis bei durchschnittlich 31,81 € pro Kilowattstunde.
Man kann zusammenfassen, der Preis ist definitiv gestiegen. Allerdings muss man berücksichtigen, dass dieser Preisanstieg immer in Bezug auf den Energiemix zu stehen ist.
Zukünftige Preisentwicklung
Die zukünftige Preisentwicklung kann niemand sagen. Selbst Prognosen sind gegenwärtig (Jahr 2022) kaum möglich. Je nach Ausbauleistung an erneuerbaren Energien und dem künftigen Strommix, den Preisdeckeln und sonstigen Subventionen kann der Preis wieder nach unten gehen.
Bei einem wirtschaftlichen Vergleich zwischen der von der Photovoltaik-Anlage erzeugten Strommenge und der von den Energiekonzernen bezogenen Strommengen muss man somit einen Rahmen angeben. Photovoltaik-Verkäufer rechnen gerne mit einer Mindestlebenszeit einer Photovoltaik-Anlage von 25 Jahren. Oft heißt es, dass es ein „gesicherter“ Erfahrungswert sei. Man muss sich aber klarmachen, dass dies vor allem Verkaufspsychologie ist. Tatsächlich ist die Lebenszeit von vielen Faktoren (unter anderem von der Art der Anlage oder der Witterung) abhängig und in diesen „gesicherten Erfahrungswerten“ werden Reparaturen o. ä. gerne unterschlagen. Auch dass Wechselrichter oder Batterien meist nur 20 Jahre oder weniger lange halten, wird unterschlagen.
Man kann zweifelsohne sagen, mit jedem Jahr, den eine Photovoltaik-Anlage länger hält, desto besser und ertragreicher.
Wir werden hier von 20 Jahren ausgehen.
Berechnungsformel: Gesamtkosten in 20 Jahren ohne Preissteigerung
Gesamtstromkosten in 20 Jahren = 20 [a] * Strompreis [€/kWh] * Stromverbrauch [kWh/a]
Legende: a = Anno (Jahr), kWh = Kilowattstunden
Beispiel: 20 a * 0,35 €/kWh * 3000 kWh/a = 21.000 €
Berechnungsformel: Gesamtkosten in 20 Jahren mit Preissteigerung
Gesamtstromkosten in 20 Jahren = 20 [a] * Strompreis [€/kWh] * Stromverbrauch [kWh/a] * Steigerungsfaktor
Legende: a = Anno (Jahr), kWh = Kilowattstunden
Beispiel 20 Jahre mit 2% Steigerung: 20 a * 0,35 €/kWh * 3000 kWh/a * 1,21 = 25.410 €
Was ist dieser ominöse Steigerungsfaktor von 1,21 und wo kommt er her?
Der Steigerungsfaktor bestimmt die Steigerung des Preises über einen Zeitraum. Dafür erstellt man sich eine Tabelle. Wir benötigen dafür den Verbrauch pro Jahr. Wir nehmen an, wir haben einen Verbrauch von 5000 kWh im Jahr, anfängliche Strombezugskosten von 0,35 € und eine erwartete Steigerung von 2 %
Jahr | Preis pro kWh | Gesamtpreis für Jahresstromverbrauch |
1 | 0,35 € | 1.750,00 € |
2 | 0,36 € | 1.785,00 € |
3 | 0,36 € | 1.820,70 € |
4 | 0,37 € | 1.857,11 € |
5 | 0,38 € | 1.894,26 € |
6 | 0,39 € | 1.932,14 € |
7 | 0,39 € | 1.970,78 € |
8 | 0,40 € | 2.010,20 € |
9 | 0,41 € | 2.050,40 € |
10 | 0,42 € | 2.091,41 € |
11 | 0,43 € | 2.133,24 € |
12 | 0,44 € | 2.175,91 € |
13 | 0,44 € | 2.219,42 € |
14 | 0,45 € | 2.263,81 € |
15 | 0,46 € | 2.309,09 € |
16 | 0,47 € | 2.355,27 € |
17 | 0,48 € | 2.402,37 € |
18 | 0,49 € | 2.450,42 € |
19 | 0,50 € | 2.499,43 € |
20 | 0,51 € | 2.549,42 € |
Die Preissteigerung der kWh berechnen wir wie folgt:
Preis pro kWh im nächsten Jahr [€/kWh] = ( Preis der aktuellen kWh [€ / kWh] * Voraussichtliche Steigerung [%] ) + Preis der aktuellen kWh [€ / kWh]
Anschließend kumulieren wir alle Zeilen der Spalte „Gesamtpreis für Jahresstromverbrauch“:
Summe über alle Jahre [€] = 1.750,00 € + 1.785,00 € +… + 2.499,43 € + 2.549,42 € = 42.520,40 €
Der Faktor berechnet sich nun wie folgt:
Faktor = Summe über alle Jahre [€] / Betrag im ersten Jahr [€] / Anzahl der Jahre
= (Summe über alle Jahre [€] / Betrag im ersten Jahr [€]) * ( 1 / Anzahl der Jahre )
= Summe über alle Jahre [€] / ( Betrag im ersten Jahr [€] * Anzahl der Jahre )
Beispiel: 42.520,40 € / 1.750,00 € / 20 = 1,21
Faktoren für Steigerungsraten von
20 Jahre, 1 % = 1,10 25 Jahre, 1 % = 1,13
20 Jahre, 2 % = 1,21 25 Jahre, 2 % = 1,28
20 Jahre, 3 % = 1,34 25 Jahre, 3 % = 1,46
20 Jahre, 4 % = 1,49 25 Jahre, 4 % = 1,67
Wenn Sie mit der Tabelle arbeiten, stellen Sie fest, dass ihr Energieverbrauch und ihr Arbeitspreis pro Kilowattstunde vom Faktor entkoppelt sind.
Über einen Zeitraum von 20 Jahren oder 25 Jahren kommt einiges an Stromkosten zusammen.
Empfehlung für die Berechnung und Kalkulationen
Rechen Sie damit, dass Ihr Stromverbrauch in der Zukunft ansteigt. Mit zunehmender Digitalisierung und Stromifizierung ist das unausweichlich. In 20 Jahren werden Sie vermutlich wesentlich mehr Strom verbrauchen. Es macht jetzt schon Sinn, mit Sicherheiten zu kalkulieren und einen höheren Stromverbrauch anzusetzen!
Die Branchenempfehlung liegt bei 30 Prozent. Wir empfehlen aus eigener Erfahrung besser mit 40 Prozent zu rechnen. Diesen Aufschlag sollten Sie als Grundlage für die obigen Berechnungen verwenden.
Fazit und Ausblick
Sie wissen nun, wie viel Stromkosten Sie nach – wie in unserem Beispiel oben 20 Jahren – bezahlt haben. Keine kleine Summe. Eine Photovoltaik-Anlage hilft Ihnen, diese Summe zu senken. Versprochen werden oftmals 80 Prozent und mehr. Aber es sind marketingorientierte Zahlen, realistisch sind diese Zahlen in den meisten verkauften Konfigurationen nicht. Ohne Speicher können Sie ungefähr 30 Prozent selbst nutzen, was bedeutet, dass Sie ungefähr 70 Prozent von Ihrem Stromanbieter nachkaufen müssen. Wenn Sie mit einem Speicher arbeiten, können Sie mit einem Eigenverbrauch von 60 Prozent rechnen. In diesem Fall müssen Sie lediglich 40 Prozent von Ihrem Stromanbieter nachkaufen.
In den weiteren Schritten überlegen wir uns, wie groß Ihre Anlage sein sollte. Auch hier nach möglichst wirtschaftlichen Kriterien. Dafür ist es wichtig, dass wir wissen, wo die Sonne am „besten“ scheint und uns die bestmöglichste Ausbeute liefert. Anschließend gilt es, die geographische Ausrichtung als auch die Neigung Ihres Daches zu bestimmen. Mithilfe von geographischer Ausrichtung, geographischer Position und Neigung die Effizient Ihres Daches zu bestimmen.
Bei der Planung der Belegung Ihres Daches gibt ebenfalls wichtige Punkte zu beachten, vom Schattenwurf eines Kamins, Fenster oder Material.
Im Weiteren ist auch die Jahresverteilung der Sonnenstrahlung und der Sonnenstand entscheidend. Ist Ihr Haus verdeckt, wenn der Sonnenstand niedrig ist, erhalten Sie in den Wintermonaten nur einen sehr geringen Ertrag, auch dieses gilt es in die wirtschaftliche Berechnung und Konzeptionierung Ihre Photovoltaik-Anlage mit einfließen zu lassen.
Endlich, kommen wir dann zur wichtigsten Frage. Wie viel Leistung kann die Photovoltaikanlage auf Ihrem Dach überhaupt haben?
Gefolgt von baulichen Vorgaben und Empfehlungen, die wir für Sie zum großen Teil aus eigenen Erfahrungen zusammengestellt haben. Wir möchten dann mit Ihnen das Thema „Speicher“ ausführlicher durchgehen, ebenso das Thema „Smart-Meter“ und der Anschluss an das öffentliche Stromnetz.
Damit sollte Ihre Anlage, zumindest der Teil, der auf Ihr Dach kommt, weitgehend, in der Theorie zumindest, abgearbeitet sein. Der praktischere Teil der Reihe soll sich um die Komponenten Ihrer Photovoltaik-Anlage drehen. Insbesondere sind hier die Photovoltaik-Module als auch der Wechselrichter zu nennen. Auch auf die verschiedenen Montagesysteme möchten wir Ihnen näherbringen. Speicher und Speichertechnologien werden in einem gesonderten Beitrag ebenfalls folgen.
Aufgrund der hohen Anfrage in der letzten Zeit, möchten wir auch auf einige Fördermöglichkeiten als auch auf das Thema E-Auto in weiteren gesonderten Beiträgen zu sprechen kommen. Auch die große Nachfrage nach Wärmepumpen und Infrarotheizungen in Verbindung mit Photovoltaik möchten wir nicht unbeantwortet lassen.
Prognose (Stand 04.04.2023)
Eine der häufigsten Fragen, Ängste und Sorgen der letzten Tage sind die Preisentwicklungen bei Strom und Gas. Der von Russland korrekterweise Wladimir Putin initiierte Krieg gegen die Ukraine und das ukrainische Volk wirken sich stark auf die Gasmarktpreise und Strommarktpreise aus. Vermutlich wird das Jahr 2023 noch recht teuer für alle. Man kann, einige müssen darauf hoffen, dass die Politik hier gegensteuern wird.
Durch den steigen Ausbau an erneuerbaren Energien kann damit gerechnet werden, dass der Strompreis mittelfristig wieder sinken wird. Ob das Vorkriegsniveau wieder erreicht werden kann, ist schwer zu sagen. Was jedoch gesagt werden kann, ist, dass der Handel an langfristigen Kontrakten (Features) an den Strombörsen der Welt tendenziell nach unten zeigt.
Langfristig, mit einem weitreichenden Ausbau an erneuerbaren Energien kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Strompreis – sofern eine Konkurrenzsituation auf den Strommärkten im Bereich erneuerbare Energien gefördert werden – langfristig massiv fallen kann.
Besonders Balkon-Photovoltaikanlagen und andere Kleinanlagen stellen in großer Menge einen nicht unerheblichen Beitrag zum Ausbau der erneuerbaren Energien dar. Hier gibt es leider noch viel Nachholbedarf.
Man muss sich bewusst sein, dass Strom von Wind und Sonne erst mal nichts kostet. Zumindest ist uns nicht bekannt, dass wir die Sonne, das Wasser, den Wind und andere direkt bezahlen. 😉
Förderkosten wie bei Gas, Kohle und Co fallen somit weg.
Was kostet, sind natürlich die Photovoltaik-Anlagen, die Windkraftwerke und die Wasserkraftwerke, sowie die Wartung und Instandsetzung. Diese Kosten sind in der Regel deutlich günstiger, sodass große Anlagen sich nach verhältnismäßig kurzer Zeit amortisieren und Profite erwirtschaften. Durch eine ausgebaute Konkurrenzsituation können die Anbieter die Preise durchaus weiter senken.
Aktuell sind die Preise für Photovoltaik-Anlagen aktuell noch sehr hoch, sodass sich einige Angebote erst nach mehreren Jahrzehnten amortisieren. Dies ist freilich einer Kombination aus Lieferengpässen, hohen Nachfragen, aber auch einer gewissen „Einnahmenoptimierung“ geschuldet.
Oftmals kann in der aktuellen Zeit (2023) die Investition in eine andere Technologie für andere Zwecke wie Dämmung effektiver sein.
Fazit
Eine Photovoltaik-Anlage kann eine lohnenswerte Investition sein, sei es aus wirtschaftlichen Gründen, aus Gründen des Umweltschutzes und Klimaschutzes oder als ideelles Projekt. Sie kann aktuell aber auch finanziell unklug sein, wenn der Anschaffungspreis unverhältnismäßig, aber auch der Standort „unrentabel“ ist oder die Folgekosten zu hoch sind.
Im nächsten Teil dieser Reihe werden wir uns mit den Fragen rund um die Dimensionierung Ihrer Photovoltaik-Anlage beschäftigen. Dabei gehen wir auch auf Punkte wie den persönlichen Energieertrag ein, wie Sie ihn berechnen und wie Sie so die Mindestgröße Ihrer Anlage berechnen können.
Habt Ihr bereits eine Photovoltaik-Anlage? Welche Erfahrungen hat Ihr gemacht? Schreibt es in die Kommentare. 🙂