In einem vorherigen Teil haben wir uns mit einer smarten Gartenbewässerung auf Basis des Raspberry Pi beschäftigt. In diesem Teil möchten wir einen Schritt weiter gehen und ein komplettes Gewächshaus smart machen.
Das Gewächshaus
Um ein Gewächshaus smart zu machen, benötigen wir zu aller erst ein Gewächshaus. Es gibt verschiedene Arten von Gewächshäusern. Beispielsweise Foliengewächshäuser, Glasgewächshäuser, Kunststoffgewächshäuser oder Fundamentgewächshäuser.
Verschiedene Gewächshaustypen ermöglichen verschiedene Automatisierungen. Leider können wir hier nicht auf jedes Gewächshaus und alle Möglichkeiten eingehen.
Eigene Gewächshäuser haben Fenster, die man öffnen kann, andere nicht.
In unserem Beispiel arbeiten wir auf Basis eines einfachen Gewächshauses ohne Fundament, das heißt es steht auf dem Boden.
Vorbereitungen
Nachdem wir das Gewächshaus haben, müssen wir es vorbereiten. Je nach Größe des Gewächshauses sollten Sie skizzieren, wo was hin soll. Verwenden Sie Regale, Pflanztische oder steht es auf den Boden, wo sind die Laufwege und so weiter.
Wenn Sie alles so weit organisiert haben, bereiten Sie das Gewächshaus für die Arbeiten vor. Wichtig ist, dass Sie im oder am Gewächshaus alle notwendigen Anschlüsse haben. Beachten Sie, dass vor allem alle elektrischen Anschlüsse und Verbindungen vor Feuchtigkeit und hohen Temperaturen geschützt werden müssen.
Sie benötigen von der Hardware-Seite:
Komplettset
Einzelkomponenten
Überlegen Sie sich gut, wo Sie den Raspberry Pi platzieren. Der Raspberry Pi und alle anderen elektrischen Komponenten müssen vor der Feuchtigkeit und den Temperaturen geschützt sein. Greifen Sie dazu auf ein gesondertes Gehäuse zurück und setzen Sie neben passiven Kühlkörpern auch aktive Lüfter am Raspberry-Pi bzw. am Gehäuse ein. Verdecken Sie die Lüfter nicht.
Am besten ist ein trockenes und feuchtigkeitsgeschütztes Nebengebäude.
Achten Sie dabei auf eventuelle Kabelwege.
Kabel sollten Sie grundsätzlich in einem geschützten Kabelkanal oder Kabelrohren verlegen.
Wenn Sie an elektrischen Systemen arbeiten, denken Sie bitte immer an die 5 Sicherheitsregeln der Elektrotechnik. Bei der Installation von Leitungen und Elektrik arbeiten Sie bitte immer mit einem Elektriker zusammen, der die Installation auch abnehmen kann.
Was soll smart werden?
Wenn wir die Grundausstattung haben, stellt sich die Frage, was genau smart werden soll. Es kann alles automatisiert werden. Angefangen vom Gewächshaus, beispielsweise eine automatische Lüftung oder das Öffnen der Fenster bis hin zu Bewässerung, Düngung und Belichtung.
Hier sind die Möglichkeiten endlos, genauso wie die Anbieter für Sensoren, Aktoren und sonstige Komponenten.
Wenn Sie sich überlegt haben, was Sie smart realisiert haben möchten, kaufen Sie sich die notwendigen Sensoren und Aktoren.
Motivation
Warum sollte man ein Gewächshaus smart machen? Ein smartes Gewächshaus nimmt Ihnen viel Arbeit ab. Sie müssen sich nur um die wichtigen Dinge kümmern, das Ausbringen der Samen beziehungsweise Jungpflanzen und die regelmäßige Kontrolle per Smartphone, PC oder direkt vor Ort. Hinzu kommt das Befreien von Unkraut.
Im industriellen Anbau, in hoch automatisierten „Gärtnerei-Fabriken“, wird selbst das Unkraut bereits von Robotern entfernt und der Samen oder Jungpflanzen gepflanzt.
Die Installation
Beginnen Sie mit der Installation der Einrichtung in Ihrem Gewächshaus gemäß Ihres Planes. Bringen Sie anschließend die Sensoren, Aktoren und sonstigen Komponenten an. Platzieren Sie den Raspberry Pi. Verbinden Sie nun alles miteinander und mit anschließend mit dem Raspberry Pi.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Komponenten mit dem Raspberry Pi zu verbinden. Möglich sind kabelgebundene Lösungen über Universal Serial Bus (USB), Local Area Network (LAN), KNX, General Purpose Input/Output (GPIO) oder kabellos über Wireless Local Area Network (WLAN), Digital Enhanced Cordless Telecommunications (DECT), Bluetooth, ZigBee, Short Range Device (SRD), Z-Wave, Enocean, HomeMatic.
Wie man sieht, es gibt unzählige Möglichkeiten der Anbindung.
Einige davon können direkt an den Raspberry Pi angebunden werden, andere benötigen Gateways. Achten Sie darauf bitte beim Kauf Ihrer Komponenten. Wenn Sie Anfänger sind, sollten Sie sich für das erste auf eine Lösung beschränken. Als Profi können Sie selbstverständlich auch verschiedene Lösungen mischen.
Die Software
Bei der Software gibt es zwei Lösungsansätze, die Sie verwenden können. Der komplexere Ansatz ist die Programmierung zum Beispiel mit C++ oder Python. Je nach Fall und verwendeten Komponenten (insbesondere, wenn Sie vieles selbst bauen und auf GPIO setzen) kommen Sie selten um die eigene Programmierung herum.
Für alle anderen Produkte können Sie auf Serverlösungen zur Gebäudeautomatisierung zurückgreifen.
Zu empfehlen sind open Home Automation Bus (openHAB), ioBroker, Home Assistant und FHEM.
Alle vier Lösungen haben ihre Vorteile und Nachteile. Welches für Sie das Beste ist, kann man pauschal nicht sagen. Am besten schauen Sie sich alle Lösungen an und schauen, wie gut die jeweilige Lösung mit Ihren Komponenten, Aktoren und Sensoren interagiert. Die entsprechenden Foren der Serverlösungen als auch der Hersteller der Komponente können Aufschluss darüber geben. Die meisten Serverlösungen bieten Ihnen ein Webinterface oder eine App, mit denen Sie Ihre Automatisierung steuern und verfolgen können.
Die dritte Möglichkeit ist die eigene Lösung der jeweiligen Komponentenanbieter. Diese können allerdings verhältnismäßig eingeschränkt sein.
Wir nutzen eine Kombination aus eigener Programmierung und modifizierter Serverlösungen für unsere Projekte. Dabei haben wir alle vier oben genannten Lösungen für verschiedene Anwendungsfälle und insbesondere zur Trennung von Vorgängen und Projekten im Einsatz.
Die Steuerung
Wenn Sie von der Hardwareseite und von der Softwareseite alles erledigt haben, geht es darum, die Komponenten mit der Serverlösung, der Anbieterlösung oder ihrer eigenen Lösung zu verbinden und die Steuerungen einzurichten.
Auf die Details können wir aufgrund der Vielzahl von Komponenten nicht eingehen.
Wichtig bei der Entwicklung der Steuerungen ist ein Ablaufplan, den Sie entwerfen. Welche Komponenten reagiert, wann und wie.
Bei den Serverlösungen erfolgt die Programmierung über ein Webinterface. Häufig in Form von „Formen“, die Sie hin und her ziehen. Jede Form hat eine andere Bedeutung, z.V. „Wenn-Dann“ oder „Wiederhole bis“. Sie ziehen dabei Pfeile, die den „Lauf“ oder „Verzweigungen“ darstellen. Diese Lösungen sind nach einigen Versuchen und Einarbeitung für die meisten Anwender intuitiv.
Alternativ zu den „Formen“ gibt es auch die Programmierung in „Textteilen“. Dabei reihen Sie Textteile aneinander und füllen leere Stellen.
Beispielsweise:
„Wenn ____ [>,=,<] ______ Dann __________“
wird zu
„Wenn Sensor.Wert > 15 Dann Aktor.Aktion“
Beispiel Belichtung:
Sie verwenden einen Lichtsensor, außen und innen.
Zudem rufen Sie die Daten des Sonnenaufgangs über einen Webanbieter (Abfrage des jeweiligen Application Programming Interface, kurz API). Wie das geht, können Sie vom jeweiligen Anbieter erfahren. Die Serverlösungen oder Anbieterlösungen haben häufig solche Funktionen bereits integriert.
Wenn der Innensensor nach dem Zeitpunkt A eine Helligkeit Y1 aufweist und der Außensensor eine Helligkeit Z1 und beide Werte sind zu niedrig, dann schalten Sie eine gesonderte Beleuchtung im Gewächshaus an.
Genauso analog rückwärts.
Wenn der Innensensor nach dem Zeitpunkt B eine Helligkeit Y2 aufweist und der Außensensor eine Helligkeit Z2 und beide Werte sind zu niedrig, dann schalten Sie eine gesonderte Beleuchtung im Gewächshaus aus.
Beispiel Sonnenschutz
Sie prüfen hier beispielsweise die Temperaturen innen, außen, sowie das Licht und die Uhrzeit. Abhängig von den Pflanzen und der Jahreszeit ggf. in Verbindung mit abgefragten Sonnendaten / Wetterdaten eines Anbieters aktivieren Sie automatisch die Rollläden, die ausfahren und das Gewächshaus abschatten bzw. im umgekehrten Fall, die Rollläden wieder einfahren und Licht ins Gewächshaus bringen.
Beispiel Bewässerung
Sie prüfen die Bodenfeuchtigkeit der jeweiligen Pflanzen. Hier können Sie beispielsweise jede Pflanze einzeln prüfen (empfohlen bei großen Pflanzen) oder stichprobenartig (empfohlen bei vielen kleineren Pflanzen). Sind die Werte zu niedrig, leiten Sie Wasser zu den Pflanzen z. B. durch eine Pumpe, die an ein Reservoir von Regenwasser verbunden ist.
Beispiel Temperaturkontrolle
Damit Ihr Gewächshaus nicht zu heiß wird und die Pflanzen leiden, greifen Sie die Daten eines Temperatursensors ab. Wenn die Werte zu hoch sind, können Sie über einen Motor ein Fenster öffnen lassen und bei Bedarf einen Ventilator starten. Genauso können Sie dies beenden, wenn die Temperaturen wieder im Rahmen sind.
Tipps zur Programmierung der Steuerung
Unabhängig davon, ob Sie selbst programmieren oder eine Serverlösung bzw. Anbieterlösung verwenden, sollten Sie sich immer vorab einige Notizen zu Ablauf machen.
Wichtig sind welche Sensoren und welche Werte dieser Sensoren werden benötigt. Was soll mit den Werten gemacht werden, in welchen Rahmenbedingungen sollen die Werte liegen. Anschließend, welche Aktoren sollen wie reagieren.
Wenn Sie sich den Ablaufplan erstellt haben und die Notizen zu den Aktoren und Sensoren, können Sie mit der Programmierung beginnen.
Es ist nicht unüblich, dass Sie etwas vergessen werden, dass ihnen erst später einfällt.
Wichtig ist, dass Sie ihre Programme gut kommentieren und dokumentieren. Verwenden Sie sinnvolle Namen für die Sensoren, Aktoren, Variablen und Programmnamen. Ebenso wichtig ist, dass Sie alles „loggen“, um auf Fehler reagieren zu können. Aktivieren Sie auch Benachrichtigungen zum Beispiel per E-Mail.
Ihre Gewächshaussteuerung kann ziemlich komplex werden, das sollte Sie aber nicht abschrecken. Fangen Sie mit einzelnen Dingen an und erweitern Sie es Schritt für Schritt.
Künstliche Intelligenz
Wir selbst setzen auf künstliche Intelligenz und bekommen dazu recht viele Fragen. Auch Sie können auf künstliche Intelligenz setzen.
Diese Lösungen müssen Sie allerdings programmieren. Die Basis ist in der Regel ein künstliches, neuronales Netz.
Programmiert wird so etwas zum Beispiel Keras / Tensorflow, PyTorch, OpenNN.
Der Anspruch an Ihre Kenntnis in Sachen Programmierung, Mathematik und Verständnis von IT ist sehr hoch. In der Regel benötigen Sie im heimischen Gewächshaus nur selten eine künstliche Intelligenz oder andere überkomplexe Lösungen.
FAZIT
Ein smartes Gewächshaus ist möglich und sinnvoll. Es hilft Ihnen bei der täglichen Arbeit, wenn Sie Pflanzen, ob Obst, Gemüse oder Zierpflanzen selbst ziehen möchten. Der Aufwand ist gering bis mäßig, je nach Automatisierungsgrad.
Eine ordentliche Portion und Interesse sollte vorhanden sind, wenn Sie ein smartes Gewächshaus selbst realisieren möchten.
Wenn Sie Hilfe brauchen oder ein smartes Gewächshaus nicht selbst realisieren möchten, können Sie sich gerne an uns wenden. Wir, und bei Bedarf unsere Partner, unterstützen Sie von der Planung über die Hardwareauswahl, Komponentenauswahl, Softwareauswahl, Programmierung bis hin zur abschließenden Realisierung und regelmäßiger Wartung.