Ratgeber-Serie: Photovoltaik-Anlage – Teil 2: Stromclouds und Stromcommunitys

Eine Stromcloud oder eine Stromcommuity ist ein „Konstrukt“, dass immer häufiger bei Photovoltaik-Anlagen mit angeboten wird. Die Stromcloud oder Stromcommuity verspricht, dass der Strom Ihrer Photovoltaik-Anlage „gespeichert“ wird und Sie diesen „gespeicherten“ Strom nicht zusätzlich aus dem Netz einkaufen müssen, sondern diesen Strom nutzen können, wenn Sie selbst keinen Strom erzeugen, zum Beispiel in der dunklen Jahreszeit.

Die Idee dahinter klingt erst mal „vorteilhaft“. Die Photovoltaik-Anlage liefert tagsüber, besonders im Sommer, mehr Strom als Sie verbrauchen können. Der Teil, den Sie verbrauchen „kostest“ Ihnen nichts (Tatsächlich gibt es versteckte Kosten, die Sie auch bei einem Selbstbezug einrechnen müssen), der Teil, den Sie nicht selbst verbrauchen, speisen Sie ins Netz ein und erhalten eine Vergütung.

Was ist aber Nachts, wenn die Sonne wenig oder gar nicht scheint, oder wenn Sie mehrere starke Stromverbraucher aktiv haben, sodass Sie mehr Strom verbrauchen, als Sie erzeugen? In diesem Fall beziehen Sie die Differenzmenge an Strom von einem Versorger aus dem Netz.

Ein Batteriespeicher kann diesen Bedarf an vom Versorger bezogenen Reststrom, abpuffern und die Differenzmenge vermindern. Dadurch beziehen Sie weniger Strom aus dem Netz des Versorgers. Eine Photovoltaik-Anlage mit einem Speicher schafft eine Autarkie von 50 Prozent bis 80 Prozent. Somit müssen Sie zwischen 20 Prozent und 50 Prozent an Strom trotzdem nachkaufen.

Der Hauptzeitpunkt des Nachkaufs liegt in den dunklen Monaten bzw. in der Herbst-Winter-Zeit, je nach Region von Oktober bis Februar. In dieser Zeit kommt maximal ein Drittel der jährlichen Sonneneinstrahlung zu Ihrer Photovoltaik-Anlage.

Die Marketingabteilungen der Photovoltaik-System-Anbieter haben sich daher Stromclouds oder Stromcommunitys ausgedacht. Als Marketing Schlagwörter fallen „Stromflat“, „Strom aus der Cloud“, „Cloudstrom“, „Communitystrom“ oder ähnliches. Wie man es auch drehen und wenden will, es hat wenig mit der bekannten Cloud aus der IT zu tun. Der Begriff „Flat“ ist sogar missverständlich, da man keine „Flat“ hat. Es gibt keine Pauschalpreise oder ähnlichen. Es handelt sich bei diesen „Marketingprodukten“ um klassische Volumentarife, die mit einer vorher definierten Liefermenge korrespondieren.

Wie funktionieren Stromclouds und Stromcommunitys?

Von der Marketingseite und der Vertreterseite wird es wie folgt erklärt: Überschüssiger von Ihrer Photovoltaik-Anlage erzeugter Strom wird ins Netz eingespeist und Sie können es zu anderen Zeiten wieder aus dem Netz entnehmen und verbrauchen.

Oft fällt hier auch der Begriff eines „virtuellen“ Stromspeichers, der nicht bei Ihnen Zuhause steht, sondern „dezentral“ in der Community oder beim Anbieter steht.

Ein weiterer Marketingspruch ist „Speichern und beziehen Sie unbegrenzt Strom für den Winter“.

Das ist natürlich weit hergeholt und eine dreiste Lüge.

Strom, ob von einer Photovoltaik-Anlage oder aus einer anderen stromerzeugenden Anlage wird nicht im Netz gespeichert, sonders ausschließlich und immer sofort vermarktet und verbraucht.

Der Vergleich mit einer Datencloud hinkt vollkommen. Es gibt in der IT-Welt Datenclouds in denen man Daten speichern kann. Dahinter stehen Server an zentralen Standorten, die mit Datenspeichern ausgestattet sind. Sie können sich über das Internet mit diesen Servern verbinden und Daten speichern oder abrufen.

Den Strom, den Sie aus der Stromcloud bzw. Stromcommunity oder genauer als Kunde wieder der Cloud für Ihre Verbraucher in Ihrem Haus entnehmen, ist schlicht und einfach ein genau zu diesem Verbrauchszeitpunkt neu produzierter Strom zum Beispiel aus einer anderen Photovoltaik-Anlage. Der Strom aus der Cloud kann aber auch von einer Windkraftanlage, einer Biogasanlage, aus einem Kohlekraftwerk oder Atomkraftwerk kommen.

Man muss sich ganz klar vor Augen halten: Der Strombezug aus der Stromcloud oder Stromcommunity entspricht von der technischen Seite her einem ganz normalen Strombezug, wie bei einem regulären Anbieter.

Dieser Strombezug erfolgt meist in Form eines vertraglich vereinbarten Volumens. Dieses Volumen bekommen Sie zu einem „Vorzugspreis“. Wenn Sie mehr benötigen, wird es teuer.

Kosten für Stromclouds

Gehen wir etwas detaillierter in die Kostenstrukturen ein.

Zuerst, Cloudstrom oder Communitystrom ist für den Anbieter des Tarifes attraktiv, sowohl von der Kundenbindung her als auch von den Preisen.

Formal unterscheidet sich nichts vom üblichen Vorgehen. Sie speisen den von Ihnen erzeugen und überflüssigen Strom ins Netz ein. Dafür erhalten Sie die EEG-Vergütung. Daran ändert die Stromcloud oder Stromcommunity nichts. Es gibt aber auch Stromcommunitys und Stromclouds bei denen Sie die Vergütung für den eingespeisten Strom in die Cloud an den Anbieter abtreten müssen.

Den Reststrom kaufen Sie von der Stromcloud oder der Stromcommunity. Dabei kaufen Sie ein Volumen bzw. eine Strommenge für den Betrag X. Dieser Betrag enthält natürlich alle Kosten, die der Anbieter hat inkl. seinem Gewinn.

Beschaffungskosten, Vertriebskosten, Mehrwertsteuer, Offshore-Netzumlage, Konzessionsabgabe, Netzgebühren, NEV-Umlage, Stromsteuer, EEG-Umlage, KWKG-Umlage wird der Stromcloud-Anbieter oder die Stromcommunity nicht rabattieren oder nachlassen. Auch auf den Gewinn werden Sie nicht verzichten.

Es ist eine Illusion, dass der Stromversorger dem Kunden einen Preisnachlass gewährt oder der Stromversorger eine Kostenersparnis hat, die er an den Kunden weitergeben würde.

Ist das Volumen aufgebraucht, schlägt der Stromversorger richtig zu und macht einen sehr hohen Gewinn. Bei einigen Gesprächen ist uns aufgefallen, dass die Vertreter, die die Stromcloud bewerben, bewusst auf niedrige Tarife hinweisen und offensiv sagen, dass man lieber „kleiner“ startet und später nachkauft.

Verträge

Vieles bei Stromcloud und Stromcommunitys wird in komplexen Verträgen und Kleingedrucktem versteckt.

Wenn man so einen Vertrag vor sich hat, denkt man sich als Laien erst mal nur „WTF“. Die AGB und Vertragsklauseln sind kaum verständlich. Die Abrechnungsmodalitäten und Preiskonditionen sind sehr komplex formuliert und nur sehr schwer nachzuziehen. Es gibt Staffeln, Ausnahmen, Zusatzgebühren, Freizeichnungsklauseln und und und.

Das Ziel hinter diesen komplexen Vertragsklausen, Abrechnungsmodalitäten und Preiskonditionen ist erst mal, dass der Vergleich mit anderen Anbietern für Reststrom so gut wie unmöglich gemacht wird. Sie können praktisch einen Stromcloudtarif mit einem Reststromtarif eines regulären Stromversorgers nicht vergleichen. Auch Preisvergleichsdienste oder Stromvertragsmakler kommen mit Angeboten von Stromcloudanbietern oder Stromcommunityanbietern nicht klar.

Ein weiteres Problem dieser Tarife und der damit verbundenen Verträge liegt in der Abrechnung. Sie haben auf der einen Seite den Strom, der „in die Cloud geflossen ist“ und der Strom, der „aus der Cloud geflossen ist“, diese Strommengen müssen gegengerechnet werden und dann in Verbindung mit den zusätzlichen Mehrverbräuchen oder Einspeiseüberschüssen gegeneinander und untereinander verrechnet werden. Dazu kommen die komplexen Preisstrukturen, die unterschiedliche Mengen mit unterschiedlichen Preisen bewerten.

Für den Photovoltaik-Anlagen-Betreiber kommt hinzu, dass es keine Konstanz gibt. Mal sind die Mengen, die in die Cloud oder aus der Cloud fließen, zu hoch, dann wieder zu niedrig. Bei jeder Änderung des Stromverbrauches und der Stromeinspeisung passt der Stromcloudanbieter in seiner Berechnung die Mengen und Preise neu an. Details über die Berechnungslogik werden selten herausgegeben. Das ist eine maximale Intransparenz.

Wie ist ein Stromcloudtarif oder Stromcommunitytarif zusammengesetzt?

Ein Stromcloudtarif oder Stromcommunitytarif besteht wie oben geschrieben aus einer komplexen Struktur mit mehreren Komponenten, die sich von Anbieter zu Anbieter unterscheiden.

Die meisten Tarife beinhalten eine feste, monatliche, Pauschale oder Gebühr. Teilweise auch als „Nutzungsgebühr“ bezeichnet. Teil dieser Gebühr oder Pauschale kann, muss aber nicht, eine bestimmte Menge an Strom für den Verbrauch bzw. Bezug aus der Cloud beinhalten.

Je nach Tarif wird der Strom, den Sie in das Netz einspeisen, vergütet oder auch nicht. Manchmal erfolgt auch eine Verrechnung mit dem ins Netz eingespeisten und aus der Cloud zurückbezogenen Mengen.

Häufig ist es so, dass Sie eine monatliche oder jährliche Menge vereinbaren, die Sie zu „Vorzugskonditionen“ erhalten. Nutzen Sie diese monatliche oder jährliche Menge nicht, verfällt der Rest. Es ist daher möglich, dass Sie für Strom zahlen, den Sie nicht benutzen.

Wenn Sie mehr Strom beziehen als vereinbart, wird dies zusätzlich und zu höheren Kosten berechnet. Es kann sein, dass bei einigen Anbietern durch den Mehrbezug die Nutzungsgebühr erhöht wird.

Ein sehr, sehr großer Nachteil, sie sind über einen längeren Zeitraum von diesem einen Stromcloudanbieter abhängig. Sie können nicht einfach den Anbieter wechseln. Dies wird von den Anbietern abgesichert, in dem die Stromcloud nur mit einer bestimmten Photovoltaik-Anlagen-Konfiguration verwendet werden kann. Der Dreh- und Angelpunkt ist der Batteriespeicher. Nur Speicher eines bestimmten Anbieters sind mit der Stromcloud kompatibel. Eine Veränderung der Anlage oder ein Austausch der Komponenten sind somit nicht mehr so einfach möglich.

Manche Anbieter gehen auch so weit, dass Sie Ihren Speicher für Netzleistungen nutzen kann. Das bedeutet, wenn Strom gebraucht wird, wird Ihr Speicher geleert und Sie können Ihren eigenen Strom dann nicht selbst nutzen, sondern müssen dazu kaufen. Sie erhalten je nach Konditionsmodell entweder eine einmalige Entschädigung oder Freimengen. Dabei sollte man im Hinterkopf bewahren, dass die Entschädigung oder Freimengen häufig geringer sind als der Entzug aus dem eigenen Speicher. Dies wird mit komplexen Berechnungen kaschiert.

In der Summe sind diese vielen Komponenten dafür zuständig, die Tarife so intransparent wie möglich zu machen.

Weitere Nachteile

Es wäre so schön, wenn es hier zu ändere wäre. Nur leider gibt es noch viele Nachteile, die uns bei unseren eigenen Photovoltaik-Projekten aufgefallen sind.

Stromclouds oder Stromcommunitys werden immer in Verbindung mit einem Batteriespeicher verkauft. Dieser Speicher wird entweder zu gering dimensioniert in der Hoffnung, dass Sie mehr Strom nachkaufen müssen oder er wird zu groß dimensioniert, was den Preis für den Speicher in die Höhe treibt.

Oftmals werden zu große Speicher mit „günstigen“ Tarifen und Konditionen bei der Reststromversorung schmackhaft gemacht. Allerdings frisst der höhere Preis der Batterie diese Vergünstigung beim Stromcloudtarif wieder auf.

Viele Stromcloud und Stromcommuntys verlangen auch, dass die Batteriespeicher dauerhaft am Internet hängen und der Anbieter durchgehend Zugriff auf den Batteriespeicher hat. Für Hacker ein formidables Einfallstor.

Ist eine Stromclound oder Stromcommunity sinnvoll?

Unserer Erfahrung nach, nein. Nahezu jeder Tarif, ob Stromcloud oder Stromcommunity ist am Ende nicht günstiger, sondern in der Regel deutlich teuer als wenn man den benötigten Reststrom bei einem ganz regulären Stromversorger bezieht.

Wir haben kein Angebot gefunden, dass auch nur im Entferntesten transparent oder günstig ist.

Fazit

Die Vertragsbedingungen als auch die Kosten bzw. Konditionen der Stromclouds, Communitys oder wie man es nennen möchte sind häufig äußerst komplex und selbst für Experten nur schwer zu durchschauen.

Betrachtet man die Tarife und rechnet sie durch, stellt man fest, dass die Stromcloudtarife oder Communitytarife meist wesentlich teuer sind, als wenn man den Reststrom von einem regulären Stromanbieter bezieht.

Unsere Erfahrung und die Analyse vieler Angebote zeigt, dass diese Stromcloudtarife und Community oft zusammen mit Batteriespeichern verkauft werden bzw. angeboten werden, wenn Sie eine Photovoltaikanlage kaufen möchten.

Wichtig ist: Die Stromcloud oder Stromcommunity ist kein Cloudspeicher! Sie ist nichts anderes als ein Tarif für den regulären Bezug von Reststrom.

Haben Sie eine Stromcloud oder planen an einer teilzunehmen? Schreiben Sie uns Ihre Erfahrungen in die Kommentare.

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